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OLG Hamburg verbietet Agentur das Löschen von Bewertungen

Wir haben bereits in der Vergangenheit berichtet, dass nicht-anwaltlichen Agenturen das Angebot zur Löschung von Internetbewertungen, insbesondere bei Google, untersagt ist.

Agentur darf keine Bewertungen löschen

Nun hat auch das Oberlandesgericht Hamburg einem Service, der Bewertungen auf Internetportalen beanstandet und löschen lassen will, untersagt, dies weiterhin zu tun. Das Gericht begründete dies damit, dass diese Praxis als unlauter angesehen wird, da sie als juristische Dienstleistung zu betrachten sei, für die spezifische rechtliche Befugnisse notwendig sind.

Der besagte Service arbeitete nach einem bestimmten Modell: Er beanstandete im Auftrag seiner Kunden Bewertungen auf Internetportalen und behauptete gegenüber den Portalbetreibern, dass es keine geschäftliche Verbindung zwischen dem Kunden und dem Verfasser der Bewertung gebe. In standardisierten Schreiben, in denen auf diverse Gerichtsurteile verwiesen wurde, fordert er die Portale auf, die Bewertungen zu überprüfen und sie zu löschen, sollte der Verfasser nicht reagieren. Bei erfolgreicher Löschung erhielt der Service die vereinbarte Vergütung.

Ein konkurrierender Anwalt kritisierte diese Praxis als unlauter, da der Service ohne die erforderliche anwaltliche Zulassung oder Genehmigung Rechtsdienstleistungen erbringe. Er ging vor Gericht und erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen den Service, die diesen daran hindert, weiterhin standardisierte Beanstandungen einzusetzen. Nachdem er zuerst vor dem Landgericht Hamburg scheiterte, war er vor dem Oberlandesgericht Hamburg erfolgreich.

Das OLG entschied, dass die Handlungen des Services als Rechtsdienstleistungen anzusehen seien, da sie eine individuelle rechtliche Prüfung erfordern würden (Urteil vom 01.11.2023 – 5 U 25/23). Das Vorgehen des Services bei der Löschung von negativen Bewertungen erfordere grundsätzlich eine Einzelfallprüfung: Es sei nicht nur nötig, rechtswidrige Bewertungen rechtlich zu prüfen, sondern auch die Ausarbeitung der Beanstandungsschreiben erfordere juristisches Fachwissen. Die Auswahl geeigneter Methoden zur Löschung sei ebenfalls eine Einzelfallentscheidung.

Das Gericht betonte, dass der Service unabhängig davon, ob er standardmäßig und ohne individuelle Überprüfung vorgehe, durch die Verwendung der Beanstandungstexte eine Rechtsdienstleistung erbringe. Die Behauptung des Services, lediglich schematisch vorzugehen und ohne Überprüfung einer geschäftlichen Verbindung zwischen Bewertendem und bewertetem Unternehmen, wurde zurückgewiesen. Denn der Service stelle spezifische rechtliche Anforderungen für den jeweiligen Einzelfall auf, wofür vertiefte juristische Kenntnisse nötig seien. Auch die Anwendung des Rechts erfordere immer die Berücksichtigung des konkreten Falls.

Das Urteil des OLG Hamburg im Volltext:

Tenor

1. Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24.02.2023, Az. 405 HKO 3/23, in Bezug auf den Verfügungsantrag zu 1. abgeändert: Den Antragsgegnern zu 1) und 2) wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, verboten, im geschäftlichen Verkehr für Auftraggeber das Prüfverfahren bezüglich der Rechtswidrigkeit von deren Internet-Bewertungen gegenüber dem Bewertungsportalbetreiber mit der Begründung zu beantragen, dass kein Geschäftskontakt zwischen Auftraggeber und dem jeweiligen Bewerter bestehe, es sei denn, diese Begründung stammt vom Auftraggeber und wird von den Antragsgegnern lediglich an den Portalbetreiber weitergeleitet (reine Botentätigkeit), wenn dies mit einem der beiden folgenden Texte geschieht:

Anlage AS 12 (Beanstandungstext 1):

„Als Ermächtigter der Firma {XXXXXX}, darf ich Sie über den nachstehenden Sachverhalt in Kenntnis setzen: Es besteht keine Geschäftsbeziehung mit den G…-Nutzern: {XXXX} Es handelt sich vermutlich um Fake-Namen. In diesem Zusammenhang darf ich Sie gemäß der Rechtsprechung vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10 (BGH) auffordern, diesen Verstoß zu erforschen und ggf. mit den Rezensenten Kontakt aufzunehmen und die Rezensionen von den oben genannten Rezensenten zu löschen, wenn die Rezensenten nichts gegenteiliges nachweisen. und verweise hier auch auf die Rechtsprechung u.a. zur Plausibilitätsprüfung vom 19.04.2018 – 1 O 86/17 (LG Mainz). Wir haben uns eine Frist bis zum {XXXXX} notiert. Ein längeres Zuwarten ist nach meinem Dafürhalten nicht zumutbar, da die hier dargestellte Äußerung die Ausübung des unterhaltenen Gewerbes nachhaltig negativ beeinträchtigt und sich unmittelbar auf den befriedeten Geschäftsablauf auswirkt. Ein Unterlassungsbegehren wird derzeit gegen Sie noch nicht geltend gemacht. Sollte aber eine Entfernung unter der vorstehenden Frist nicht erfolgen, behalte ich mir dieses vor. — Des Weiteren bitte ich von Ihrer Bitte der „Flaggen URL „Abstand zu halten, da dieses eine unzulässige Verzögerung des Prüfverfahrens darstellen würde. Die Übermittlung der von uns übermittelten URL zur Bewertung ist hier ausreichend und die benötigten Informationen zur schnellen Bearbeitung Ihrerseits dort auch auffindbar. Beachten Sie hier auch wieder das Urteil (BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10) Und das Urteil LG Hamburg v. 24.03.2017 – Az.: 324 O 148/16 — Mit freundlichen Grüßen“

oder

Anlage AS 13 (Beanstandungstext 2):

„Als Ermächtigter der Firma XY, sind im Einzelnen die Bewertungen aus nachfolgenden Gründen zu löschen.

1.) Löschung wegen fehlender beruflicher Verbindung

Ein Kundenkontakt zwischen Auftraggeber und dem Bewerter ist notwendige Voraussetzung für die rechtmäßige Veröffentlichung einer Bewertung. Mein Kunde bestreitet einen solchen Kundenkontakt mit dem Bewerter mit Nichtwissen. Ob der Name des User-Profils eventuell nicht mit dem Klarnamen des Verfassers übereinstimmt, kann meine Mandantschaft aufgrund des anonymen bzw. pseudonymen Profils nicht beurteilen.

Ich fordere Sie daher auf, Ihren vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 01.03.2016 – VIZR 34/15) auferlegten Pflichten nachzukommen und

a. ) diese Beanstandung unverzüglich an den Verfasser der Bewertung weiterzuleiten

Und

b. ) den Verfasser gleichzeitig aufzufordern, Stellung zu dieser Beanstandung zu nehmen, dabei den Kundenkontakt möglichst genau zu beschreiben sowie den Kundenkontakt belegende Unterlagen wie etwa Rechnungen zu übermitteln

und

C.) die Stellungnahme samt eventueller Belege an mich weiterzuleiten.

Im Einzelnen:

zu a.) Pflicht zur Prüfung des Kundenkontaktes auf Plausibilität

2.)

Es wird seitens des Antragstellers ausgeschlossen, dass es sich beim Rezensenten, um einen Mitarbeiter oder ehemaligen Mitarbeiter handelt.

Auf diese Beanstandung hin sind Sie zur Prüfung des Kundenkontaktes verpflichtet, ganz unabhängig davon, ob die Bewertung eventuell inhaltlich zulässig ist.

Mit Urteil vom 01.03.2016 (VI ZR 34/15) hat der Bundesgerichtshof bezüglich der Prüfpflichten eines Bewertungsportalbetreibers entschieden, dass im Falle des Bestreitens der beruflichen Verbindung des Verfassers mit dem bewerteten Unternehmen der Portalbetreiber dazu verpflichtet ist, die Beanstandung dem Verfasser der Bewertung zu übersenden und ihn dazu anzuhalten, den angeblichen Kontakt mit dem Bewerteten möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus ist der Portalbetreiber verpflichtet, den Verfasser zur Vorlage von Dokumenten und Nachweisen aufzufordern, aus denen eine berufliche Verbindung zweifelsfrei hervorgeht.

Diese Prüfpflichten bestehen bei allen Bewertungen und nicht nur bei offensichtlich rechtswidrigen oder inhaltlich eventuell zulässigen Bewertungen. Denn unwahre Tatsachenbehauptungen können für den Portalbetreiber niemals offensichtlich sein, so dass die Konsequenz wäre, dass bei Tatsachenbehauptungen ohne offensichtliche Rechtsverstöße die Beanstandungen niemals geprüft werden müssen. Aufgrund dieser – abwegigen – Folge hat der Bundesgerichtshof (aaO.) klargestellt, dass eine Prüfpflicht nach Beanstandungen unabhängig davon besteht, ob es sich um eine reine Meinungsäußerungen in Form einer bloßen Sterne-/Notenbewertung oder um Behauptungen mit Tatsachenelementen handelt (BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10 – Blogger; BGH, Urteil vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15).

Auch das Landgericht Lübeck (LG Lübeck, 9 O 59/17 vom 13.06.2018) hat entschieden, das eine Bewertung ohne jede Tatsachengrundlage immer eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt

Und auch Das Urteil ist vom 12.01.2018 – 324 O 63/17 (LG Hamburg) ist hier nicht zu verachten

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass jede Meinungsäußerung bezüglich eines Geschäftsbetriebes auf einer tatsachlichen Grundlage (hier: ein Kontakt des Verfassers mit dem Bewerteten) beruhen muss, da sie andernfalls rechtswidrig wäre (EGMR, Dritte Sektion, Urt. v. 18.2.2014 – Individualbeschwerde 43912/10 – Jalba gegen Rumanien; EGMR, Pedersen and Baadsgaard v. Denmark, Application no. 49017/99 vom 17.12.2004: „However, even where a Statement amounts to a value judgment, there must exist a sufficient factual basis to support it, failing which it will be excessive“

zu b.) Sofortige Löschung bei ausbleibender Stellungnahme oder unplausibel erscheinendem Kundenkontakt Sollte sich der Verfasser zurückmelden, so fordere ich Sie bereits jetzt auf, mir diese Stellungnahme unverzüglich per E-Mail weiterzuleiten. Hierzu sind Sie verpflichtet (so BGH, aaO).

Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, ist die Bewertung samt aller Notenbewertungen als rechtswidrig einzustufen und die Veröffentlichung unverzüglich zu unterlassen (BGH, aaO.; OLG München: Urteil vom 17.10.2014 – 18 W 1933/14; Urteil vom 9.9.2014 -18 U 516/14; Urteil vom 5.2.2013 – 18 U 3915/12). Dasselbe gilt für den Fall, dass sich der Verfasser nicht innerhalb von 7 Tagen zurückmeldet oder sich der Kundenkontakt aufgrund der Stellungnahme als nicht hinreichend plausibel darstellen sollte. Denn liegt den angegriffenen Bewertungen kein Kundenkontakt zugrunde, ergibt die Abwägung der widerstreitenden Interessen, dass die geschützten Interessen des Bewerteten überwiegen. Denn ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung von Bewertungen über einen nicht stattgefundenen Kundenkontakt ist nicht ersichtlich (vgl. BGH aaO, Ron. 36).

Wir haben uns eine Frist bis zum … notiert.

Des Weiteren bitte ich von Ihrer Bitte der „Flaggen URL „Abstand zu halten, da dieses eine unzulässige Verzögerung des Prüfverfahrens darstellen würde

Die Übermittlung der von uns übermittelten URL zur Bewertung ist hier ausreichend und die benötigten Informationen zur schnellen Bearbeitung Ihrerseits dort auch auffindbar.

Beachten Sie hier auch wieder das Urteil (BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10) Und das Urteil LG Hamburg v. 24.03.2017 – Az.: 324 O 148/16

Liebe Grüße“

2. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Antragsgegner zu tragen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die auf die Löschung von Internet-Bewertungen gerichtete Tätigkeit der Antragsgegner. Der Antragsteller verfolgt zweitinstanzlich (nur) noch den Verfügungsantrag Ziff. 1 in seiner erstinstanzlich zuletzt gestellten Fassung vom 10.02.2023.

Der Antragsteller ist Rechtsanwalt und bietet über die Internetseite www.d….de öffentlich an, für Unternehmer gegen aus deren Sicht negative Internetbewertungen auf Internetportalen vorzugehen, indem er mit juristischen Begründungen die Rechtswidrigkeit der Bewertungen gegenüber den jeweiligen Portalbetreibern geltend macht.

Die Antragsgegnerin zu 1) betreibt die Internetseite www.b….de, über die sie ebenfalls für Unternehmen die Beanstandung und Löschung negativer Internetbewertungen auf Internetportalen bewirbt, anbietet und durchführt.

Nach dem Geschäftsmodell der Antragsgegnerin zu 1) wenden sich ihre Kunden über die Internetseite an sie und teilen mit, welche Bewertungen auf welchen Portalen sie gelöscht haben möchten. Mitarbeiter der Antragsgegnerin zu 1) prüfen daraufhin, ob unter den Bewertungen bereits eine eigene Antwort ihres Auftraggebers steht. Ist dies der Fall, wird der Auftraggeber aufgefordert, diese Antwort zu löschen, und mitgeteilt, dass vor einer Löschung keine Aktivitäten der Antragsgegnerin zu 1) erfolgen werden.

Die Antragsgegnerin zu 1) beanstandet die Rechtswidrigkeit von Internetbewertungen für ihre Auftraggeber unter Verwendung der in den Anlagen AS 12 und AS 13 wiedergegebenen Texte:

Anlage AS 12 (Beanstandungstext 1) [sic!]:

„Als Ermächtigter der Firma {XXXXXX}, darf ich Sie über den nachstehenden Sachverhalt in Kenntnis setzen:

Es besteht keine Geschäftsbeziehung mit den G…-Nutzern: {XXXX} Es handelt sich vermutlich um Fake-Namen. In diesem Zusammenhang darf ich Sie gemäß der Rechtsprechung vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10 (BGH) auffordern, diesen Verstoß zu erforschen und ggf. mit den Rezensenten Kontakt aufzunehmen und die Rezensionen von den oben genannten Rezensenten zu löschen, wenn die Rezensenten nichts gegenteiliges nachweisen. und verweise hier auch auf die Rechtsprechung u.a. zur Plausibilitätsprüfung vom 19.04.2018 – 1 O 86/17 (LG Mainz). Wir haben uns eine Frist bis zum {XXXXX} notiert. Ein längeres Zuwarten ist nach meinem Dafürhalten nicht zumutbar, da die hier dargestellte Äußerung die Ausübung des unterhaltenen Gewerbes nachhaltig negativ beeinträchtigt und sich unmittelbar auf den befriedeten Geschäftsablauf auswirkt. Ein Unterlassungsbegehren wird derzeit gegen Sie noch nicht geltend gemacht. Sollte aber eine Entfernung unter der vorstehenden Frist nicht erfolgen, behalte ich mir dieses vor. — Des Weiteren bitte ich von Ihrer Bitte der „Flaggen URL „Abstand zu halten, da dieses eine unzulässige Verzögerung des Prüfverfahrens darstellen würde. Die Übermittlung der von uns übermittelten URL zur Bewertung ist hier ausreichend und die benötigten Informationen zur schnellen Bearbeitung Ihrerseits dort auch auffindbar. Beachten Sie hier auch wieder das Urteil (BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10) Und das Urteil LG Hamburg v. 24.03.2017 – Az.: 324 O 148/16— Mit freundlichen Grüßen“

Anlage AS 13 (Beanstandungstext 2) [sic!]:

„Als Ermächtigter der Firma XY, sind im Einzelnen die Bewertungen aus nachfolgenden Gründen zu löschen.

1.) Löschung wegen fehlender beruflicher Verbindung

Ein Kundenkontakt zwischen Auftraggeber und dem Bewerter ist notwendige Voraussetzung für die rechtmäßige Veröffentlichung einer Bewertung. Mein Kunde bestreitet einen solchen Kundenkontakt mit dem Bewerter mit Nichtwissen. Ob der Name des User-Profils eventuell nicht mit dem Klarnamen des Verfassers übereinstimmt, kann meine Mandantschaft aufgrund des anonymen bzw. pseudonymen Profils nicht beurteilen.

Ich fordere Sie daher auf, Ihren vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 01.03.2016 – VIZR 34/15) auferlegten Pflichten nachzukommen und

a. ) diese Beanstandung unverzüglich an den Verfasser der Bewertung weiterzuleiten

und

b. ) den Verfasser gleichzeitig aufzufordern, Stellung zu dieser Beanstandung zu nehmen, dabei den Kundenkontakt möglichst genau zu beschreiben sowie den Kundenkontakt belegende Unterlagen wie etwa Rechnungen zu übermitteln

und

C.) die Stellungnahme samt eventueller Belege an mich weiterzuleiten.

Im Einzelnen:

zu a.) Pflicht zur Prüfung des Kundenkontaktes auf Plausibilität

2.)

Es wird seitens des Antragstellers ausgeschlossen, dass es sich beim Rezensenten, um einen Mitarbeiter oder ehemaligen Mitarbeiter handelt. Auf diese Beanstandung hin sind Sie zur Prüfung des Kundenkontaktes verpflichtet, ganz unabhängig davon, ob die Bewertung eventuell inhaltlich zulässig ist.

Mit Urteil vom 01.03.2016 (VI ZR 34/15) hat der Bundesgerichtshof bezüglich der Prüfpflichten eines Bewertungsportalbetreibers entschieden, dass im Falle des Bestreitens der beruflichen Verbindung des Verfassers mit dem bewerteten Unternehmen der Portalbetreiber dazu verpflichtet ist, die Beanstandung dem Verfasser der Bewertung zu übersenden und ihn dazu anzuhalten, den angeblichen Kontakt mit dem Bewerteten möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus ist der Portalbetreiber verpflichtet, den Verfasser zur Vorlage von Dokumenten und Nachweisen aufzufordern, aus denen eine berufliche Verbindung zweifelsfrei hervorgeht.

Diese Prüfpflichten bestehen bei allen Bewertungen und nicht nur bei offensichtlich rechtswidrigen oder inhaltlich eventuell zulässigen Bewertungen. Denn unwahre Tatsachenbehauptungen können für den Portalbetreiber niemals offensichtlich sein, so dass die Konsequenz wäre, dass bei Tatsachenbehauptungen ohne offensichtliche Rechtsverstöße die Beanstandungen niemals geprüft werden müssen. Aufgrund dieser – abwegigen – Folge hat der Bundesgerichtshof (aaO.) klargestellt, dass eine Prüfpflicht nach Beanstandungen unabhängig davon besteht, ob es sich um eine reine Meinungsäußerungen in Form einer bloßen Sterne-/Notenbewertung oder um Behauptungen mit Tatsachenelementen handelt (BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10 – Blogger; BGH, Urteil vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15).

Auch das Landgericht Lübeck (LG Lübeck, 9 O 59/17 vom 13.06.2018) hat entschieden, das eine Bewertung ohne jede Tatsachengrundlage immer eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt

Und auch Das Urteil ist vom 12.01.2018 – 324 O 63/17 (LG Hamburg) ist hier nicht zu verachten

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass jede Meinungsäußerung bezüglich eines Geschäftsbetriebes auf einer tatsachlichen Grundlage (hier: ein Kontakt des Verfassers mit dem Bewerteten) beruhen muss, da sie andernfalls rechtswidrig wäre (EGMR, Dritte Sektion, Urt. v. 18.2.2014 – Individualbeschwerde 43912/10 – Jalba gegen Rumänien; EGMR, Pedersen and Baadsgaard v. Denmark, Application no. 49017/99 vom 17.12.2004: „However, even where a Statement amounts to a value judgment, there must exist a sufficient factual basis to support it, failing which it will be excessive“

zu b.) Sofortige Löschung bei ausbleibender Stellungnahme oder unplausibel erscheinendem Kundenkontakt

Sollte sich der Verfasser zurückmelden, so fordere ich Sie bereits jetzt auf, mir diese Stellungnahme unverzüglich per E-Mail weiterzuleiten. Hierzu sind Sie verpflichtet (so BGH, aaO).

Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, ist die Bewertung samt aller Notenbewertungen als rechtswidrig einzustufen und die Veröffentlichung unverzüglich zu unterlassen (BGH, aaO.; OLG München: Urteil vom 17.10.2014 – 18 W 1933/14; Urteil vom 9.9.2014 -18 U 516/14; Urteil vom 5.2.2013 – 18 U 3915/12). Dasselbe gilt für den Fall, dass sich der Verfasser nicht innerhalb von 7 Tagen zurückmeldet oder sich der Kundenkontakt aufgrund der Stellungnahme als nicht hinreichend plausibel darstellen sollte. Denn liegt den angegriffenen Bewertungen kein Kundenkontakt zugrunde, ergibt die Abwägung der widerstreitenden Interessen, dass die geschützten Interessen des Bewerteten überwiegen. Denn ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung von Bewertungen über einen nicht stattgefundenen Kundenkontakt ist nicht ersichtlich (vgl. BGH aaO, Ron. 36).

Wir haben uns eine Frist bis zum … notiert.

Des Weiteren bitte ich von Ihrer Bitte der „Flaggen URL „Abstand zu halten, da dieses eine unzulässige Verzögerung des Prüfverfahrens darstellen würde.

Die Übermittlung der von uns übermittelten URL zur Bewertung ist hier ausreichend und die benötigten Informationen zur schnellen Bearbeitung Ihrerseits dort auch auffindbar.

Beachten Sie hier auch wieder das Urteil (BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10)

Und das Urteil LG Hamburg v. 24.03.2017 – Az.: 324 O 148/16

Liebe Grüße“

Die Antragsgegnerin zu 1) verneint die Geschäftsbeziehung zwischen ihrem Auftraggeber und dem jeweiligen Bewerter ohne vorherige Rücksprache mit ihrem Auftraggeber. Eine Prüfung, ob kein Geschäftskontakt bestand, wird von der Antragsgegnerin zu 1) nicht durchgeführt. Die Antragsgegnerin zu 1) kontrolliert den Erfolg der jeweiligen Beanstandung. Erfolgreich gelöschte Bewertungen werden dem Auftraggeber in Rechnung gestellt.

Der Antragsgegner zu 2) ist Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1). Über eine Zulassung als Rechtsanwalt oder eine Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verfügen die Antragsgegner nicht.

Das Landgericht Hamburg hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Urteil vom 24.02.2023 zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten, insbesondere der in erster Instanz verfolgten Anträge und der vom Landgericht Hamburg getroffenen tatsächlichen Feststellungen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Der Antragsteller trägt vor, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft verkannt, dass der Verfügungsantrag Ziff. 1 in seiner Fassung vom 10.02.2023 zulässig und begründet sei.

Das Landgericht habe verkannt, dass das Beanstanden von rechtswidrigen Kundenbewertungen mit den in den Anlagen AS 12 oder AS 13 abgebildeten Texten jeweils eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung darstelle. Auch die standardmäßige Durchführung von Rechtsdienstleistungen sei erlaubnispflichtig. Das Beanstanden von Kundenbewertungen mit den in den Anlagen AS 12 und AS 13 abgebildeten Begründungen stelle jeweils eine wettbewerbswidrige Handlung gemäß den §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 2 Abs. 1, 3 RDG dar, weil die Antragsgegnerin zu 1) damit erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistungen erbringe, ohne im Sinne des RDG zur Erbringung solcher Rechtsdienstleistungen berechtigt zu sein. Das Beanstanden von rechtswidrigen Bewertungen erfordere stets eine rechtliche Prüfung im Einzelfall und sei daher erlaubnispflichtig im Sinne des § 3 RDG. Ohne eine Prüfung des Einzelfalles sei das Beanstanden einer Kundenbewertung nicht möglich. Die Antragsgegnerin zu 1) treffe eine Auswahl, was sie bei einer Bewertung beanstande, gegenüber wem sie dies beanstande und wie diese Beanstandung konkret auszusehen habe. Das Geschäftsmodell der Antragsgegnerin zu 1), nämlich das standardmäßige Bestreiten des Geschäftskontakts zwischen dem Bewertenden und dem bewerteten Unternehmen, sei rechtsmissbräuchlich.

Die Verwendung der Texte aus den Anlagen AS 12 oder AS 13 zur Beanstandung fremder Kundenbewertungen stelle bereits für sich eine erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung dar, da die Antragsgegnerin zu 1) hiermit für einen Kunden rechtsbesorgend tätig werde. Die Antragsgegnerin zu 1) stelle in diesen Texten rechtliche Forderungen an die Portalbetreiber. Eine schematische Rechtsanwendung scheide aus, wenn – wie hier – zuvor eine tiefergehende Einarbeitung in ein Rechtsgebiet notwendig sei. Anderenfalls würden Unternehmen für die Löschung ihrer Bewertungen keine externe Hilfe benötigen. Auch bei Kenntnis des Rechts sei stets eine gedankliche Prüfung in Form einer Subsumtion der tatsächlichen Konstellation unter dieses Recht erforderlich.

Der Antragsteller verweist auf die Erwartungshaltung der von den Antragsgegnern angesprochenen Verkehrskreise. Diese erwarteten ein rechtlich geprüftes Vorgehen. Insoweit nimmt der Antragsteller Bezug auf die Aussage „Negative Bewertungen löschen lassen“ und einen Preis von € 117,81 pro Bewertung.

Der Antragsteller beantragt, das landgerichtliche Urteil wie folgt abzuändern:

Den Antragsgegnern wird es (jeweils) bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten,

verboten,

im geschäftlichen Verkehr für Auftraggeber das Prüfverfahren bezüglich der Rechtswidrigkeit von deren Internet-Bewertungen gegenüber dem Bewertungsportalbetreiber mit der Begründung zu beantragen, dass kein Geschäftskontakt zwischen Auftraggeber und dem jeweiligen Bewerter bestehe, es sei denn, diese Begründung stammt vom Auftraggeber und wird von den Antragsgegnern lediglich an den Portalbetreiber weitergeleitet (reine Botentätigkeit), wenn dies mit einem der beiden folgenden Texte geschieht:

Anlage AS 12 (Beanstandungstext 1)

oder

Anlage AS 13 (Beanstandungstext 2)

Die Antragsgegner beantragen,

die Berufung des Antragstellers zurückzuweisen.

Die Antragsgegner verteidigen das angefochtene Urteil. Sie tragen vor, es sei entscheidend, dass die Antragsgegnerin zu 1) bei keiner Bearbeitung eine Unterscheidung ihrer Kunden vornehme. Die Kunden wollten, dass eine gewisse Anzahl an negativen Bewertungen gelöscht werde. Die Antragsgegnerin zu 1) stelle daraufhin keinerlei Fragen an den Kunden oder die Bewertungsplattform. Die Kunden der Antragsgegnerin zu 1) erhielten zu keinem Zeitpunkt eine rechtliche Bewertung. Die nötige Prüfung werde von dem entsprechenden Portal vorgenommen.

Die Prüfung, ob eine Bewertung kommentiert worden sei, diene nicht der Prüfung, ob ein Kundenkontakt bestanden haben könnte. Auch hier handele es sich um ein Standardvorgehen, welches den Hintergrund habe, dass kommentierte Bewertungen nicht eingereicht werden könnten. Es sei eine technische Frage. Der Vorwurf der Rechtsmissbräuchlichkeit sei unberechtigt. Hinsichtlich des Umstands, dass keine Rechtsberatung erwartet werden könne, verweisen die Antragsgegner auf einen Disclaimer auf der Internetseite.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 01.11.2023 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Antragstellers hat in der Sache Erfolg.

1. Die Werbeaussagen unter der URL www.b….de sind – anders als in erster Instanz, dort zunächst Verfügungsantrag vom 13.01.2023, 1. Teil, und dann Verfügungsantrag zu 2. gemäß Schriftsatz vom 05.02.2023 in der Fassung vom 10.02.2023 – kein Streitgegenstand mehr. Es geht vorliegend (nur) noch um die konkreten Verletzungshandlungen in Gestalt der Beantragung des Prüfverfahrens bezüglich der Rechtswidrigkeit bestimmter Internet-Bewertungen unter Verwendung der Beanstandungstexte 1 und/oder 2 (Anlagen AS 12, AS 13). Die reine Botentätigkeit ist vom Verbot ausgenommen.

2. Der mit der Berufung noch verfolgte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.

Der verbliebene Verfügungsantrag ist insbesondere hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Diesem Verfügungsantrag verleiht im Streitfall die Bezugnahme auf zwei konkrete Verletzungsformen (Beanstandungstext 1 und/oder 2) hinreichende Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil durch sie deutlich wird, welche Handlungen Gegenstand des Antrags sein sollen. Genügt ein abstrakt formulierter Antragsteil nicht dem Bestimmtheitsgebot gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, kann der Klageantrag dahin ausgelegt werden, dass die vom Kläger vorgenommene Verallgemeinerung als Minus wenigstens die im Antrag genannte konkrete Verletzungsform erfasst und der Kläger zumindest das Verbot des konkret beanstandeten Verhaltens und kerngleicher Verletzungshandlungen begehrt (BGH GRUR 2022, 1308, 1312 Rn. 29 – YouTube II, m.w.N.). Im Streitfall ist der Verfügungsantrag ausdrücklich von vornherein auf die beiden ihm nachfolgenden Texte bezogen. Ebenso ausdrücklich und klar ausgenommen von einem erstrebten Verbot ist eine reine Botentätigkeit der Antragsgegner.

Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist im Streitfall nicht widerlegt.

Über Fragen der Zulässigkeit einschließlich der Wahrung der Dringlichkeit streiten die Parteien zweitinstanzlich jeweils auch nicht, sodass weitere Ausführungen des Senats hierzu nicht veranlasst sind.

3. Ebenso besteht ein Verfügungsanspruch. Der Antragsteller kann von den Antragsgegnern im noch geltend gemachten Umfang gemäß §§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. §§ 2 Abs. 1, 3 RDG Unterlassung beanspruchen. Das Beanstanden von Kundenbewertungen mit den in den Anlagen AS 12 und/oder AS 13 wiedergegebenen Begründungen stellt jeweils eine wettbewerbswidrige Handlung gemäß den §§ 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. §§ 2 Abs. 1, 3 RDG dar, weil die Antragsgegnerin zu 1) damit erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistungen erbringt, ohne im Sinne des RDG zur Erbringung solcher Rechtsdienstleistungen berechtigt zu sein.

a. Der Antragsteller ist als Mitbewerber aktivlegitimiert gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG. Die Parteien sind unstreitig Wettbewerber im Bereich der Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Beanstandung und Löschung negativer Internetbewertungen.

b. Auch liegt im Streitfall eine unlautere geschäftliche Handlung vor, die gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig ist. Denn unlauter handelt gemäß § 3a UWG, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Dies ist hier jeweils gegeben.

aa. Die angegriffenen Handlungen der Antragsgegnerin zu 1) stellen geschäftliche Handlungen dar. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Die streitgegenständliche Beantragung des Prüfverfahrens bezüglich der Rechtswidrigkeit von Internet-Bewertungen für Auftraggeber der Antragsgegnerin zu 1) gegenüber dem Bewertungsportalbetreiber unter Einsatz der Beanstandungstexte 1 und/oder 2 (Anlagen AS 12, AS 13) ist unmittelbar auf die Durchführung des mit dem Auftraggeber geschlossenen Dienstleistungsvertrages gerichtet.

bb. Die Antragsgegnerin zu 1) nimmt im Streitfall durch Verwendung der Beanstandungstexte 1 und/oder 2 (Anlagen AS 12, AS 13) erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistungen vor, ohne im Sinne des RDG zur Erbringung solcher berechtigt zu sein.

(1) Nach § 2 Abs. 1 RDG ist Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Der Gesetzgeber hat im RDG die Systematik des Rechtsdienstleistungs- und des Nebenleistungsbegriffs neu austariert, die von ihm bezweckte (vorsichtige) Öffnung des Rechtsdienstleistungsmarkts soll indes nicht durch eine Herabsetzung der Schwelle des Rechtsdienstleistungsbegriffs, sondern durch die (im Vergleich zum früheren Recht) abgeschwächten Voraussetzungen für eine zulässige Nebenleistung erfolgen (Deckenbrock/Henssler in Deckenbrock/Henssler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 5. Aufl., § 2 RDG Rn. 34b). Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RDG erfasst jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um einfache oder schwierige Rechtsfragen handelt, ist unerheblich (BGH GRUR 2016, 820, 824 Rn. 43 – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler; BGH GRUR 2016, 1189, 1191 Rn. 23 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur; BGH GRUR 2021, 758, 761 Rn. 32 – Rechtsberatung durch Architektin). Im Ergebnis ist für die Frage der Erforderlichkeit einer rechtlichen Prüfung auf die Verkehrsanschauung oder die erkennbare Erwartung des Rechtssuchenden abzustellen; insoweit kennt das Gesetz eine objektive und eine subjektive Komponente (Deckenbrock/Henssler in Deckenbrock/Henssler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 5. Aufl., § 2 RDG Rn. 35, m.w.N.).

Danach ist im Streitfall eine Rechtsdienstleistung der Antragsgegnerin zu 1) gegeben, nämlich eine Tätigkeit in einer konkreten Angelegenheit ihres Auftraggebers, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Die Antragsgegnerin zu 1) beschränkt sich beim Einsatz der Beanstandungstexte 1 und/oder 2 (Anlagen AS 12, AS 13) nicht auf die bloße Anwendung von Rechtsnormen auf einen Sachverhalt (vgl. BGH GRUR 2016, 820, 824 Rn. 45 – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler). Das bloße Bestreiten einer eigenen Subsumtion ist insoweit unerheblich. Es geht darum, ob eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles, wie hier, jedenfalls objektiv erforderlich ist.

(a) Zum einen setzt das von der Antragsgegnerin zu 1) angebotene Vorgehen hinsichtlich der Löschung negativer Bewertungen auf G. und weiteren Plattformen schon grundsätzlich eine Einzelfallprüfung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG voraus. Nicht nur bedarf die Feststellung, ob eine rechtsverletzende Bewertung vorliegt, regelmäßig einer vertieften juristischen Prüfung, sondern auch die Ausarbeitung eines an den Plattformbetreiber gerichteten Beanstandungsschreiben. Anders kann der Inhalt eines Schreibens regelhaft nicht sinnvoll formuliert werden. Auch bei der Bestimmung und Auswahl geeigneter Methoden, eine Löschung zu bewirken, handelt es sich um eine Rechtsdurchsetzung, die eine Prüfung des Einzelfalls voraussetzt. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch an dem unbestrittenen Umstand, dass die Antragsgegnerin zu 1) vor der Beanstandung der negativen Bewertung stets prüft, ob unter der Bewertung bereits eine eigene Antwort ihres Auftraggebers steht. Vor der Löschung dieser Antwort wird sie nicht tätig. Dabei kann der Anspruch auf Löschung einer rechtswidrigen Bewertung im Ergebnis tatsächlich nicht davon abhängen, ob bereits eine Kommentierung des Bewerteten vorliegt.

(b) Zum anderen, und das ist hier entscheidend, erbringt die Antragsgegnerin zu 1) jedenfalls durch die Nutzung der Beanstandungstexte 1 und/oder 2 (Anlagen AS 12, AS 13) eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG. Daran ändert auch der Einwand der Antragsgegnerin zu 1), sie beanstande standardmäßig und ohne Rücksprache sowie jede Prüfung einen Geschäftskontakt zwischen dem Bewertenden und ihrem Auftraggeber, dem bewerteten Unternehmen, nichts. Denn die Verwendung der Texte aus den Anlagen AS 12 und/oder AS 13 zur Beanstandung fremder Kundenbewertungen stellt objektiv bereits für sich eine erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung dar, da die Antragsgegnerin zu 1) hiermit jedenfalls gegenüber dem jeweiligen Portalbetreiber für den einzelnen Kunden rechtsbesorgend tätig wird. Die Antragsgegnerin zu 1) stellt in diesen Texten, die von ihr vor der Absendung an den gekennzeichneten Stellen jeweils zu vervollständigen sind, bezogen auf den konkreten Einzelfall näher bestimmte rechtliche Forderungen an den jeweiligen Portalbetreiber. Eine schematische bloße Rechtsanwendung scheidet aber bereits aus, wenn – wie hier – jedenfalls zuvor eine tiefer gehende Einarbeitung in das Rechtsgebiet notwendig war. Darüber hinaus ist auch bei Kenntnis des Rechts stets eine gedankliche Prüfung in Form einer Subsumtion der tatsächlichen Konstellation unter dieses Recht erforderlich. Hier bildet die Antragsgegnerin zu 1) selbst den konkreten Fall, der dem Portalbetreiber zur möglichst erfolgreichen Löschung der beanstandeten Bewertung mitgeteilt wird.

Die Antragsgegnerin zu 1) führt in beiden Beanstandungstexten (Anlagen AS 12, AS 13) im konkreten Bezug zu der angegriffenen Bewertung aus, dass keine Geschäftsbeziehung mit dem Kunden bestehe, dass der Portalbetreiber die Bewertung entsprechend der Rechtsprechung des BGH (vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10 bzw. vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15) zu prüfen habe und dass bei ausbleibender Rückmeldung des Bewertenden die Bewertung zu löschen sei. In beiden Texten zitiert die Antragsgegnerin zu 1) Rechtsprechung und kündigt für den konkreten Fall nach dem Ablauf von ihr gesetzter und jedenfalls zum Teil näher begründeter Fristen rechtliche Konsequenzen an.

Der Beanstandungstext 1 in Anlage AS 12 enthält insoweit insbesondere folgende Ausführungen:

„Ein längeres Zuwarten ist nach meinem Dafürhalten nicht zumutbar, da die hier dargestellte Äußerung die Ausübung des unterhaltenen Gewerbes nachhaltig negativ beeinträchtigt und sich unmittelbar auf den befriedeten Geschäftsablauf auswirkt. Ein Unterlassungsbegehren wird derzeit gegen Sie noch nicht geltend gemacht. Sollte aber eine Entfernung unter der vorstehenden Frist nicht erfolgen, behalte ich mir dieses vor.“

Die Antragsgegnerin zu 1) führt danach nicht nur allgemein zur Rechtslage aus, sondern subsumiert die Situation des bewerteten Unternehmens als Einzelfall unter gesetzliche Vorschriften und zieht – unter Verweis auf Gerichtsentscheidungen – rechtliche Konsequenzen, welche in konkreten Forderungen gegen den Portalbetreiber münden.

Ebenso verhält es sich im Beanstandungstext 2 gemäß Anlage AS 13. Auch dort subsumiert die Antragsgegnerin zu 1) die Situation ihres Kunden als Einzelfall unter die Gerichtsentscheidungen und stellt entsprechende Forderungen an den Portalbetreiber:

„Sollte sich der Verfasser zurückmelden, so fordere ich Sie bereits jetzt auf, mir diese Stellungnahme unverzüglich per E-Mail weiterzuleiten. Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, ist die Bewertung samt aller Notenbewertungen als rechtswidrig einzustufen und die Veröffentlichung unverzüglich zu unterlassen (BGH, aaO.; OLG München: Urteil vom 17.10.2014 – 18 W 1933/14; Urteil vom 9.9.2014 – 18 U 516/14; Urteil vom 5.2.2013 – 18 U 3915/12). Dasselbe gilt für den Fall, dass sich der Verfasser nicht innerhalb von 7 Tagen zurückmeldet oder sich der Kundenkontakt aufgrund der Stellungnahme als nicht hinreichend plausibel darstellen sollte. Denn liegt den angegriffenen Bewertungen kein Kundenkontakt zugrunde, ergibt die Abwägung der widerstreitenden Interessen, dass die geschützten Interessen des Bewerteten überwiegen. Denn ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung von Bewertungen über einen nicht stattgefundenen Kundenkontakt ist nicht ersichtlich (vgl. BGH aaO, Ron. 36).“

Auch in der Beanstandung, die in Anlage AS 13 wiedergegeben ist, führt die Antragsgegnerin zu 1) nicht nur allgemein zur Rechtslage aus, sondern subsumiert und zieht hinsichtlich des konkreten Falles rechtliche Konsequenzen für den jeweiligen Portalbetreiber.

Die Beanstandungstexte 1 und/oder 2 (Anlagen AS 12, AS 13) bilden danach die konkrete Subsumtion eines Bewertungsgeschehens im Internet unter die maßgeblichen rechtlichen Grundsätze ab (vgl. BGH GRUR 2016, 820, 825 Rn. 50 – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler). In diesem Zusammenhang ist es zwar zutreffend, dass bloße Botenleistungen erlaubt sind. Dies wird auch vom Antragsteller nicht in Abrede gestellt und ist, wie ausgeführt, vom vorliegenden Verfügungsantrag ausdrücklich ausgenommen. Jedoch erbringt die Antragsgegnerin zu 1) im Streitfall bei Verwendung der Beanstandungstexte 1 und/oder 2 (Anlagen AS 12, AS 13) keine Botenleistungen. Sie schickt eigens von ihr erstellte Beanstandungsschreiben mit juristischen Begründungstexten wie streitgegenständlich an G. und andere Portalbetreiber, um deren reaktive Prüfungspflicht auszulösen. Beide Begründungen stammen nicht von ihren Kunden. Ohne eine juristische Begründung, warum die Bewertung rechtswidrig ist, leitet indes kein Portalbetreiber das Prüfungsverfahren ein. Das konkrete Vorgehen erfordert im Streitfall eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls. Diese Prüfung wird nicht dadurch überflüssig, dass ein Musterschreiben für einen konkreten Fall angepasst wird (BGH GRUR 2016, 820, 825 Rn. 51 – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler).

(2) Nach § 3 RDG ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Unstreitig liegt zugunsten der Antragsgegnerin zu 1), aber auch des Antragsgegners zu 2) keine solche Erlaubnis vor.

cc. Beim Erlaubniszwang des § 3 RDG handelt es sich nicht nur um eine Marktzutrittsregelung, sondern zugleich um eine Vorschrift, die auch dazu bestimmt ist, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln und somit um eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG (BGH GRUR 2016, 1189, 1190 Rn. 18 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 3a UWG Rn. 1.118, m.w.N.). Die Vorschrift bezweckt, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (BGH GRUR 2016, 1189, 1190 Rn. 18 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur, m.w.N.).

dd. Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen der Marktteilnehmer i.S.v. § 3a UWG spürbar zu beeinträchtigen. Der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung indiziert im Regelfall die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der Marktteilnehmer, an die sich die Handlung richtet (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 3a Rn. 1.112, m.w.N.). Speziell im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass Verstöße gegen das RDG schon im Hinblick auf den Rang der verletzten Interessen und wegen der Nachahmungsgefahr geeignet sind, die Interessen der Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 3a Rn. 1.118, m.w.N.). Auch die Antragsgegner tragen hier keine Umstände vor, aus denen sich etwas anderes ergeben könnte.

c. Dass die Antragsgegnerin zu 1) als Anbieterin der streitgegenständlichen Leistungen passivlegitimiert ist, steht außer Zweifel. Daneben haftet auch der Antragsgegner zu 2) als Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1) persönlich. Es ist nach den Gesamtumständen davon auszugehen, dass er als organschaftlicher Vertreter der Antragsgegnerin zu 1) die beanstandete Tätigkeit veranlasst hat. Der Geschäftsführer haftet persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell, nämlich hier die standardmäßige Beanstandung von Internet-Bewertungen unter Einsatz der Beanstandungstexte 1 und/oder 2 (Anlagen AS 12, AS 13), selbst ins Werk gesetzt hat (vgl. BGH GRUR 2014, 883, 885 Rn. 31 – Geschäftsführerhaftung). Ein solches Geschäftsmodell wird grundsätzlich auf Geschäftsführerebene beschlossen. Bei einer Maßnahme der Gesellschaft, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird, kann nach dem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen davon ausgegangen werden, dass sie von den Geschäftsführern veranlasst worden ist (BGH GRUR 2014, 883, 884 Rn. 19 – Geschäftsführerhaftung; BGH GRUR 2017, 541, 542 Rn. 25 – Videospiel-Konsolen III). Etwas Abweichendes machen hier auch die Antragsgegner nicht geltend.

d. Schließlich besteht die für den Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG zwingend erforderliche Wiederholungsgefahr.

Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr folgt grundsätzlich aus der bereits vorgenommenen Verletzungshandlung. Insoweit hat die Antragsgegnerin zu 1) eine Wiederholungsgefahr im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gesetzt, die den geltend gemachten Unterlassungsanspruch rechtfertigt. Eine die Wiederholungsgefahr gegebenenfalls ausräumende strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung haben die Antragsgegner trotz Aufforderung nicht abgegeben.

4. Die Androhung der Ordnungsmittel folgt aus § 890 Abs. 1 ZPO. Sie berücksichtigt den vom Antragsteller konkret gestellten Antrag.

5. Die Kostenentscheidung für den Rechtsstreit erster Instanz folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, diejenige für das Berufungsverfahren aus § 91 ZPO. Berücksichtigung finden hierbei die unterschiedlichen Streitgegenstände.

6. Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.