Zulässige Ein-Stern-Bewertung ohne nähere Erklärung

Eine Ein-Stern-Bewertung ohne wirkliche Erläuterung ist als Meinungsäußerung mangels Schmähcharakter oder Erfüllung eines Straftatbestandes grundsätzlich zulässig. Es unterliegt dem Recht auf freie Meinungsäußerung, eine Meinung ohne nähere Erklärung aussprechen zu dürfen.

In derartigen Fällen besteht kein Auskunftsanspruch gegenüber einem Diensteanbieter nach § 14 Abs. 3 TMG a.F. zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, denn es sind keine absolut geschützten Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte verletzt.

Zahnarzt Google Maps

Das Wichtigste in Kürze:

Zulässigkeit der 1-Stern-Bewertung: Eine Bewertung mit nur einem Stern ohne weitere Erklärung fällt unter die Meinungsfreiheit und ist in der Regel zulässig, sofern kein Schmähcharakter vorliegt.

Keine Auskunftspflicht für Anbieter: Diensteanbieter wie Google sind nicht verpflichtet, die Daten von Nutzern herauszugeben, wenn die Bewertung keine rechtswidrigen Inhalte enthält.

Meinungsäußerung versus Tatsachenbehauptung: Solange die Bewertung als subjektive Meinungsäußerung erkennbar ist, muss sie nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden.

Hintergrund

Die Antragsteller betreiben eine Zahnarztpraxis. Die Antragsgegnerin betreibt im Internet den Landkarten- und Navigationsdienst „Google Maps“. Dort bietet sie auch die Möglichkeit an, dass registrierte Nutzer Bewertungen zu Unternehmen abgeben können. Bei „Google Maps“ war eine Beurteilung eines Nutzers abrufbar, der die Zahnarztpraxis der Antragsteller lediglich mit einem von fünf möglichen Sternen bewertet hat. In der Begründung stand lediglich: „Oje. Naja.“. Dabei hatte dieselbe Person einen Konkurrenten der Antragsteller deutlich positiver bewertet und behauptet, dass dieser Zahnarzt seit über 25 Jahren sein Zahnarzt des Vertrauens sei. Wenige Zeit später war das Profil des Nutzers nicht mehr aufrufbar. Mittlerweile ist bei „Google Maps“ ein weiteres Profil mit einem anderen Nutzernamen, aber einer wortgleichen Bewertung publiziert. Den Antragstellern war die negative Bewertung ohne eindeutige Begründung ein Dorn im Auge, weshalb sie die Antragsgegnerin zur Löschung der Bewertung und Auskunftserteilung über alle bei ihr innerhalb des Dienstes „Google Maps“ vorhandenen Bestandsdaten der beiden Nutzer aufforderten. Diesen Antrag auf Erlass einer Anordnung nach § 14 Abs. 4 TMG hat das Landgericht zurückgewiesen. Auch die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde vor dem Oberlandesgericht blieb erfolglos.

Nachweis der Rechtswidrigkeit der Negativbewertung erforderlich

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts fehlte es bereits an der hinreichenden Darlegung der Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Antragsteller gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gegenüber den Nutzern. So greife die beanstandete Bewertung nur insoweit in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Antragsteller ein, als sich diese unmittelbar negativ auf die Zahnarztpraxis der Antragsteller beziehen. Auch wenn dies der Fall sein mag, haben die Antragsteller nicht hinreichend darlegen und beweisen können, dass dieser Eingriff auch rechtswidrig war.

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Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Die Reichweite des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht kann nicht absolut festgelegt werden, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden. Hierbei sind die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu berücksichtigen. Demnach ist ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Partei überwiegt. Dabei sind das Interesse der bewerteten Partei am Schutz ihrer sozialen Anerkennung und ihrer (Berufs) Ehre mit der Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden abzuwägen. Sofern die Behauptung der bewerteten Partei, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, zutrifft, ergibt die Interessenabwägung, dass deren geschützte Interessen diejenigen des Bewertenden überwiegen.

Grenze der Schmähkritik war nicht überschritten

Vorliegend war die angegriffene Bewertung als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Die mit einer Notenvergabe vergleichbare Bewertung mit einem Stern ist von Elementen der Stellungnahme, des Dafürhaltens und Meinens geprägt. Gleiches hatte für die Äußerung „Oje. Naja“ zu gelten. Diese sei durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt und nicht einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich, so das Gericht. Da die Meinungsäußerung keinen Schmähcharakter habe, sei sie grundsätzlich zulässig. Die Bewertung wurde auch nicht dadurch unzulässig, weil diese keine eindeutige Begründung für die geäußerte Meinung enthält.

Bewertung löschen lassen Rezension entfernen

Voraussetzungen für datenschutzrechtliche Auskunftserteilung nicht gegeben

Ein Diensteanbieter darf gem. § 14 Abs. 3 TMG a.F. auf Antrag nur dann Auskunft erteilen, wenn dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche des Antragenden wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte, die von § Abs. 3 NetzDG erfasst werden, erforderlich ist. Die Auskunftserteilung setzt somit eine schwerwiegende Verletzung von absolut geschützten Rechten voraus, die auf strafbaren Inhalten i.S.v. § 1 Abs. 3 NetzDG beruht. Dies war hier nach den Feststellungen des Gerichts nicht der Fall.

Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 17.07.2019, Az. 3 W 1470/19