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Prüfumfang von Google bei rechtsverletzenden Bewertungen

Landgericht Saarbrücken, Beschluss vom 07.02.2018, Az. 4 O 32/18

Das Landgericht Saarbrücken beschloss am 07.02.2018, dass Google seine Prüfpflichten verletze, wenn es eine berechtigte Beanstandung nicht klären wolle. Dafür müsse ernsthaft versucht werden, die Sachlage anhand notwendiger Informationsgrundlagen zu überprüfen. Dies gelte erst recht, wenn wie vorliegend der Rechtsverstoß aufgrund der Beanstandung durch den Antragsteller unschwer zu bejahen sei.

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Wann verletzt ein Bewertungsportal seine Prüfpflichten?

Antragsteller war ein Zahnarzt, der Google die Veröffentlichung zweier Bewertungen auf Google Maps untersagen wollte. Eine 1-Sterne-Bewertung lautete: „Angeblich eine Praxis für Angstpatienten laut Werbung. „Da Sind Sie selber schuld, wenn es weh tut“, sagte er, während er unnötig lange und unsensibel mit dem Luftdruck Apparat am sensiblen Zahn sprühte. Seither erst recht Angst, zum Zahnarzt zu gehen.“ Die zweite Bewertung enthielt keinerlei Kommentar, sondern nur eine 2-Sterne-Bewertung. Der Antragsteller ging gegen Google im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vor. Er forderte, die Veröffentlichung zu unterlassen, da den Bewertungen keinerlei tatsächlicher Patientenkontakt zugrunde lag.

Örtliche Zuständigkeit

Das Landgericht Saarbrücken hielt sich für örtlich zuständig. Bei der Auslegung des § 32 ZPO sei entscheidend, ob die rechtsverletzenden Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland aufweisen. Es müsse aufgrund der Bewertungen im Inland eine Kollision widerstreitender Interessen eintreten. Vorliegend gehe es um das Interesse des Antragstellers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits und das Interesse der Antragsgegnerin an der Gestaltung ihres Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits. Nach diesen Maßstäben liege die örtliche Zuständigkeit beim Landgericht Saarbrücken. Denn der Antragsteller betreibe seine Zahnarztpraxis in dessen Bezirk.

Konkrete Beanstandung der Rechtsverletzung durch Betroffenen

Dem Antragsteller stehe der geltend gemachte Anspruch gegen Google als Hostprovider und damit mittelbare Störerin zu, so das Gericht. Zwar sei Google nicht verpflichtet, die eingestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Allerdings sei Google verantwortlich, sobald es Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, könne der Hostprovider verpflichtet sein, künftig derartige Störungen zu verhindern. Zwar werde sich eine behauptete Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Vielmehr müsse die Beanstandung des Betroffenen so konkret gefasst sein, dass aufgrund der Behauptung der Rechtsverstoß unschwer bejaht werden könne. In dem Fall müsse Google den Sachverhalt ermitteln und bewerten.

Ausreichend konkrete Behauptungen zum fehlenden Patientenkontakt

Das Landgericht war der Ansicht, dass vorliegend die Behauptung des Antragstellers hinreichend konkret gewesen sei. Dem stehe nicht entgegen, dass er seine Mutmaßung, den Bewertungen liege kein Behandlungskontakt zugrunde, nicht weiter unterlegt habe. Denn zu konkreteren Darlegungen sei er angesichts der Tatsache, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche und konkrete Behandlungsdetails enthielt, nicht in der Lage.

Rechtsverletzungen offensichtlich

Auch sei der Rechtsverstoß aufgrund der Beanstandung des Antragstellers unschwer zu bejahen gewesen, so das Gericht weiter. Die beanstandeten Bewertungen griffen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Antragstellers ein. Betroffen seien seine Ehre und seine soziale Anerkennung. Denn mit der kommentierten Bewertung bringe die Nutzerin zum Ausdruck, der Antragsteller sei in zentralen Bereichen des Behandlungsgeschehens den Anforderungen aus ihrer Sicht nicht gerecht geworden. Außerdem sei zu entnehmen, der Antragsteller habe die Nutzerin auch verbal angegriffen. Die Bewertung sei geeignet, sich abträglich auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken. Dies gelte auch für die zweite, unkommentierte Bewertung. Damit werde zum Ausdruck gebracht, dass die Leistung des Antragstellers noch nicht einmal durchschnittlichen Anforderungen entspricht.

Abwägung von Meinungsfreiheit und Schutz des Persönlichkeitsrechts

Das Landgericht befand, aufgrund der angegriffenen Bewertungen liege ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers vor. Zwar stehe die Reichweite des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht nicht absolut fest. Vielmehr müsse diese erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange der Parteien bestimmt werden. Dabei seien die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu berücksichtigen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sei nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.

Bewertung als Meinungsäußerung

Zu berücksichtigen sei vorliegend, dass es sich bei dem angegriffenen Beitrag um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt. Dem Antragsteller werde kein Behandlungsfehler oder ein sonstiger Verstoß gegen die Regeln ärztlicher Kunst vorgeworfen. Vielmehr beruhe die Bewertung auf einem Vergleich der angeblichen Werbung des Antragstellers und der als unangenehm empfundenen Behandlungsmaßnahme. Vordergründig werde die persönliche Befindlichkeit während der behaupteten Behandlungsmaßnahme zum Ausdruck gebracht und zur Grundlage der negativen Bewertung gemacht.

Verletzung des Persönlichkeitsrechts

Für das Landgericht überwog bei der Abwägung das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers. Denn in der Bewertung vermischen sich wertende und tatsächliche Elemente. Daher falle der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht. Diese seien unwahr, wenn der behauptete Behandlungskontakt nicht bestanden habe. Ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, sei nicht ersichtlich. Gleiches gelte für das Interesse von Google, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren.

Google kam seinen Prüfpflichten nicht nach

Welcher Überprüfungsaufwand von Google als Hostprovider im Einzelfall zu verlangen sei, müsse aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung bestimmt werden, so das Gericht. Maßgebliche Bedeutung komme dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen seien aber auch Funktion und Aufgabe des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des Nutzers. Nach erfolgter Abwägung sei Google den gestellten Anforderungen nicht gerecht geworden. Zwar habe die Antragsgegnerin den Eingang der Beanstandung bestätigt, weiter aber nichts unternommen. Erst 8 Tage nach Eingang der Beanstandung sei mitgeteilt worden, dass Google ein Prüfverfahren eingeleitet habe. Weitere Informationen fehlten, so z.B. in welcher Weise das Prüfverfahren durchführt werde und welche Angaben und Belege von der Nutzerin angefordert werden. Hinsichtlich der unkommentierten zweiten Bewertung habe Google sogar ein Prüfverfahrens abgelehnt, da sie angeblich keine Rechtsverletzung beinhalte. Dies stelle aber keine ausreichende Ausübung der Prüfpflicht dar. Es sei bereits übersehen worden, dass schon in der eher negativen Bewertung mit nur 2 Sternen selbst ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht liegen könne. Dies vor allem dann, wenn ein Behandlungskontakt und damit auch ein Anlass zur Bewertung nicht bestanden habe.

Landgericht Saarbrücken, Beschluss vom 07.02.2018, Az. 4 O 32/18