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Zu den Prüfpflichten von Hostprovidern bei rechtswidrigen Einträgen

Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR
93/10

Der Bundesgerichtshof entschied am 25.10.2011 zur Verantwortlichkeit von sog. Hostprovidern für rechtswidrige Blogeinträge. Danach sei die Beanstandung eines Betroffenen zunächst an den betreffenden Blogger zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibe die Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist aus, könne von einer berechtigten Beanstandung ausgegangen werden und der Eintrag sei zu löschen. Stelle der Blogger aber die Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, müsse der Provider dem Betroffenen dies mitteilen und gegebenenfalls weitere Nachweise über die behauptete Rechtsverletzung verlangen.

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Prüfpflichten erfüllt oder nicht?

Der Kläger war im Immobiliengeschäft tätig und ging gegen Google als Betreiber der Dienste blogger.com und blogspot.com vor. Ein Nutzer hatte in seinem Blog Einträge wie „…, im Frühjahr … hat das Institut Herrn F…s Firmen… Visakarte auf Veranlassung seines Steuerberaters!!!, … gesperrt und eingezogen. Begründung: F… nützte diese Visa-Karte im Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen und sei allem Anschein nach ‚manchen Situationen nicht gewachsen.“ veröffentlicht. Diese Einträge hatten sich insbesondere an auf Mallorca und in Deutschland ansässige Personen gerichtet. Der Kläger verlangt von der Beklagten, die Verbreitung der Einträge zu unterlassen. Das Landgericht gab der Klage statt, allerdings nur bezogen auf die Verbreitung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte vollumfängliche Klageabweisung.

Internationale örtliche Zuständigkeit

Der Bundesgerichtshof entschied, dass vorliegend deutsche Gerichte international zuständig seien. Der Kläger habe spätestens zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen deutlichen Inlandsbezug des beanstandeten Blogs schlüssig vorgetragen. Insoweit sei auf den Inhalt des beanstandeten Blogs abzustellen. Dieser habe sich vorrangig an auf Mallorca und in Deutschland ansässige Personen gerichtet und sei in deutscher Sprache abgefasst. Zudem werde der Kläger unter Angabe seines Wohnorts in Deutschland mit vollem Namen genannt. In dem Blogeintrag werde auch die angeblich fortdauernde Geschäftstätigkeit des Klägers in Deutschland angesprochen.

Hostprovider als Störer

Die Beklagte könne lediglich als Störerin in Anspruch genommen werden, so das Gericht. Denn Google habe den Eintrag weder verfasst noch sich seinen Inhalt zu Eigen gemacht. Sie habe aber die technischen Möglichkeiten des Blogs zur Verfügung gestellt. Indem sie die Website www.blogspot.com betreibt, dabei den Speicherplatz für die eingerichteten Webseiten bereitstellt und den Abruf dieser Webseiten über das Internet ermöglicht, trage sie willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung der verletzenden Äußerungen bei.

Verletzung von Prüfpflichten erforderlich

Der BGH befand, dass die Störerhaftung allerdings nicht über Gebühr auf Google erstreckt werden dürfe. Denn die Beklagte selbst habe schließlich die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht vorgenommen. Die Haftung setze daher die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimme sich danach, ob und inwieweit nach den jeweiligen Umständen eine Prüfung zuzumuten sei. Danach sei ein Hostprovider nicht verpflichtet, die eingestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er sei aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt. Werde er von einem Betroffenen auf die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hingewiesen, könne er als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.

Konkrete Hinweise auf Rechtsverletzung erforderlich

Der Hostprovider müsse aber nur tätig werden, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der behauptete Rechtsverstoß unschwer ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung bejaht werden könne, so das Gericht weiter. Dabei hänge das Ausmaß des Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab. So insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.

Prüfungsmaßstäbe

Der BGH stellte bestimmte Maßstäbe für die Prüfung fest. Regelmäßig sei zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blogeintrag Verantwortlichen weiterzuleiten, damit dieser Stellung nehmen könne. Bleibe eine Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist aus, sei von einer berechtigten Beanstandung auszugehen und der Eintrag zu löschen. Stelle aber der Blogger die Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, müsse der Provider dies dem Betroffenen mitteilen und ggf. Nachweise zur behauptete Rechtsverletzung verlangen. Bleibe eine solche Stellungnahme aus oder werden erforderliche Nachweise nicht vorgelegt, sei keine weitere Prüfung veranlasst. Ergebe sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Bloggers eine rechtswidrige Verletzung, sei der Eintrag zu löschen.

Prüfung noch nicht abgeschlossen

Der BGH entschied, dass derzeit ein Unterlassungsanspruch des Klägers nicht bejaht werden könne. Zwar habe der Kläger hinreichend deutlich gemacht, dass es sich beim beanstandeten Blogeintrag in Bezug auf seine Visakarte um eine freie Erfindung handelt. Eine Prüfung durch die Beklagte habe also erfolgen müssen. Dem kam die Beklagte auch nach. Sie bot an, die Abmahnung des Klägers an den Blogger weiterzuleiten. Dem widersprach aber der Kläger zunächst. Die Erlaubnis zur Weiterleitung an den Blogger sei erst nach Klageerhebung erfolgt. Danach blieben die Blogseiten aber weiterhin abrufbar. Es erscheine daher nicht ausgeschlossen, dass die Parteien weiter hätten vortragen können, wenn die Beklagte ihren Prüfungspflichten nachgekommen wäre. Hierzu müsse nun das Berufungsgericht rechtliches Gehör gewähren. Die Sache werde daher zur weiteren Prüfung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10