Unlautere Rechtsberatung durch entgeltliche Rechtsverfolgung von Internet-Bewertungen

Die entgeltliche Beanstandung und Löschung von rechtswidrigen Internet-Bewertungen stellt eine Rechtsdienstleistung dar, denn es handelt sich hierbei um eine Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, die eine rechtliche Prüfung eines Einzelfalls erfordert. Insofern unterliegt diese Tätigkeit auch den strengen Anforderungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes, nach dem nur ein bestimmter Personenkreis entgeltlich derartige Dienstleistungen anbieten darf.

Rechtsdienstleistung

Hintergrund

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung bestimmter Werbeaussagen auf der Internetseite der Antragsgegnerin in Anspruch sowie wegen eines aus seiner Sicht unerlaubten Tätigwerdens im Markt für die Beanstandung bzw. Löschung von rechtswidriger Internet-Bewertungen auf Bewertungsportalen.

Der Antragsteller ist Rechtsanwalt und bietet über eine Internetseite bundesweit Rechtsberatung im Bereich der Beanstandung und Löschung rechtswidriger Internet-Bewertungen für Unternehmen an. Die Antragsgegnerin ist als registrierte Rechtsdienstleisterin eingetragen und darf Rechtsdienstleistungen im Bereich der Inkassodienstleistungen erbringen. Sie bietet ihren Mandanten an, ebenfalls Ansprüche auf Löschung von rechtswidrigen Internet-Bewertungen für diese entgeltlich durchzusetzen. Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Löschung rechtswidriger Bewertungen eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung ist. Deshalb hat er die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 8. November 2022 abgemahnt. Diese hat die Abmahnung zurückgewiesen, da sie der Auffassung war, der Begriff der Inkassodienstleistungen umfasse die Durchsetzung zivilrechtlicher Haupt- und Nebenansprüche. Lediglich eine Verteidigung bzw. Abwehr von Ansprüchen werde nicht vom modernen Inkassobegriff umfasst.

Wann liegt eine Rechtsdienstleistung vor?

Nach § 2 Abs. 1 RDG ist eine Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Eine Inkassodienstleistung ist nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird, einschließlich der auf die Einziehung bezogenen rechtlichen Prüfung und Beratung. Die von der Antragsgegnerin angebotene Dienstleistung ist eine Rechtsdienstleistung. Die Antragsgegnerin hatte in jedem Einzelfall eine eigenständige Prüfung vorzunehmen, da jede Bewertung jeweils auf ihren individuellen Aussagegehalt zu bewerten war. Auch war zu bewerten, ob es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen oder Werturteile handelt, ob die Bewertung Schmähkritik oder Beleidigungen enthält sowie ob überhaupt ein Kundenkontakt stattgefunden hat oder das Unternehmen bzw. die Leistung schlecht bewertet wird, ohne dass erkennbar ist, dass ein solcher nicht stattgefunden hat. Insofern war die von der Antragsgegnerin angebotene Dienstleistung auch als Rechtsdienstleistung zu qualifizieren.

Sie wollen eine negative Google Bewertung löschen lassen? Nutzen Sie unsere kostenlose Erstberatung.

Abgrenzung zu Inkassodienstleistungen

Diese Rechtsdienstleistung ist nicht zugleich eine Inkassodienstleistung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG. Bereits der Begriff „Inkasso“ zeigt, dass eine entsprechende Dienstleistung mit dem Einziehen von Geld aus einer Kundenforderung zu tun haben muss. Nichts anderes meint der Begriff „Forderungseinziehung“ in der gesetzlichen Definition. In allen von der Antragsgegnerin aufgeführten Urteilen des Bundesgerichtshofs ging es stets auch um eine Geldforderung. Die Auslegung der Antragsgegnerin, dass die Durchsetzung sämtlicher zivilrechtlicher Haupt- und Nebenansprüche unter den Begriff Inkassodienstleistung falle, überschreitet die Wortlautgrenze. So hat das Gericht klargestellt, dass die Geltendmachung von Löschungsansprüchen in keinem Zusammenhang mit der Einziehung einer Geldforderung steht.

2 Abs. 1 RDG stellt eine Marktverhaltensregelung dar

Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RDG ist auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. § 2 Abs. 1 RDG stellt neben einer Marktzutritts- auch eine Marktverhaltensregelung dar, da sie dem Schutz des Verbrauchers vor unqualifizierter Rechtsberatung dient. Mit Blick auf dieses Schutzgut ist der Verstoß auch spürbar, da eine unqualifizierte Rechtsberatung die Interessen von Verbrauchern erheblich beeinträchtigen kann. Schließlich hat sich die Antragsgegnerin mit ihrem bundesweiten Angebot im Internet auch an einen großen Kundenkreis gewendet. Dieses Vorgehen war damit unlauter und infolge dessen unzulässig. 

Landgericht Hamburg, Beschluss vom 09.12.2022, Az. 405 HKO 19/22