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Noten auf jameda und die Meinungsfreiheit

LG München I, Urteil vom 15. Januar 2014 (Az. 25 O 16238/13)

In einem Rechtsstreit, der am 15. Januar 2014 vor dem Landgericht München I entschieden wurde (Az. 25 O 16238/13), ging es um die Verteidigung eines Orthopäden gegen eine äußerst negative Bewertung seiner Praxis auf jameda. Der Orthopäde hatte die Textbewertung bemängelt, woraufhin diese gelöscht wurde. Eine Löschung der dazugehörigen Noten auf jameda wurde jedoch abgelehnt.

Noten auf jameda

In den Kategorien „Behandlung“, „Vertrauensverhältnis“ und „Betreuung“ erhielt der Arzt jeweils die Note 6 vom Verfasser der Bewertung, während er in den Kategorien „Aufklärung“ und „Genommene Zeit“ die Note 5 bekam

Der Orthopäde zog vor Gericht und verlangte die Löschung der Notenbewertung Er argumentierte, dass die Notenbewertung nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Schon allein deshalb, weil keine Behandlung stattgefunden habe, handele es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen. Eine Behandlung erfordere eine Diagnose, die wiederum eine ausführliche Anamnese und Befunderhebung voraussetze. Dies sei nicht geschehen.

Darüber hinaus handele es sich um unzutreffende Tatsachenbehauptungen in Bezug auf die telefonische Erreichbarkeit, Barrierefreiheit, Parkmöglichkeiten und öffentliche Erreichbarkeit, die der Patient bewertet habe.

1. Für die Frage, ob eine Behandlung stattgefunden hat, ist das Verständnis des durchschnittlichen Nutzers des Bewertungsportals maßgeblich. Der durchschnittliche Nutzer wird unter dem Begriff „Behandlung“ nicht nur die Therapie seiner Beschwerden nach einer vollständigen Anamnese und Befunderhebung verstehen, sondern auch jedes persönliche Gespräch zwischen Arzt und Patient, das das Ziel einer Diagnose oder Therapie in Bezug auf die Beschwerden oder Erkrankung des Patienten hat. Dies gilt auch dann, wenn dieses Ziel aufgrund persönlicher Differenzen zwischen Arzt und Patient nicht erreicht wurde. Diese Auslegung entspricht auch der Definition des Begriffs „Behandlung“ im Duden, der ärztliche Betreuung nicht nur als Durchführung einer Therapie nach vorangegangener Anamnese und Befunderhebung definiert. Diese Interpretation wird auch durch die Unterscheidung zwischen Behandlung und Terminvereinbarung in den Bewertungsrichtlinien gestützt. Das durchschnittliche Verständnis des Nutzers des Bewertungsportals führt dazu, dass der Begriff „Behandlung“ auch kurze Termine oder abgebrochene Behandlungen und Gespräche umfasst und dem Arzt die Möglichkeit gibt, diese einer Bewertung hinzuzufügen.

2. Die Noten auf jameda stellen Meinungsäußerungen dar und keine Tatsachenbehauptungen. Obwohl die Kriterien wie Barrierefreiheit, telefonische Erreichbarkeit, Parkmöglichkeiten und öffentliche Erreichbarkeit an einen Tatsachenkern anknüpfen, handelt es sich bei der Bewertung dieser Kriterien in Form von Noten um Werturteile, die durch die Meinungsfreiheit geschützt sind. Die Benotung von tatsächlichen Gegebenheiten stellt eine Bewertung und somit eine subjektive Stellungnahme des Patienten dar, geprägt von Elementen wie persönlicher Meinung und Ansicht. Insgesamt handelt es sich daher um eine durch Artikel 5 des Grundgesetzes (Meinungsfreiheit) geschützte Meinungsäußerung. Die Benotung des Patienten ist nicht durch Beweismittel auf ihre Richtigkeit hin überprüfbar. Ein Beweis kann nur in Bezug auf die zugrunde liegenden Tatsachen erhoben werden, nicht jedoch in Bezug auf die Bewertung als solche.

3. Schlussendlich sind die beanstandeten Noten auf jameda nicht zu löschen.

Fazit: Der Begriff „Behandlung“ ist weit auszulegen und umfasst jegliche persönliche Interaktion zwischen Arzt und Patient, die das Ziel einer Diagnose oder Therapie in Bezug auf die Beschwerden oder Erkrankung des Patienten hat.

Die Bewertung mit Noten auf jameda und anderen Bewertungsportalen stellt grundsätzlich eine Meinungsäußerung dar, die durch die Meinungsfreiheit geschützt ist. Selbst wenn die Bewertung auf einem Tatsachenkern (z.B. telefonische Erreichbarkeit, Parkmöglichkeiten usw.) basiert, handelt es sich dennoch um ein Werturteil. Infolgedessen kann der bewertete Arzt rechtlich gegen schlechte Noten auf jameda & Co. als solche nichts unternehmen, selbst wenn sie ungerechtfertigt erscheinen.