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Kein Erfolgshonorar bei Bewertungslöschung

Anwälten ist es aus berufsrechtlichen Gründen untersagt, die Löschung von Internetbewertungen, pauschal gegen ein Erfolgshonorar anzubieten oder durchzuführen. Das generelle Angebot, dass Rechtsanwaltsgebühren nur dann gezahlt werden müssen, wenn eine Bewertung auch tatsächlich gelöscht worden ist, ist daher unzulässig.

Kein Erfolgshonorar

Dies vor folgendem rechtlichen Hintergrund: Gemäß § 4a Abs. 1 Ziff. 3 RVG in der ab dem 01.10.2021 geltenden Fassung darf ein Erfolgshonorar nur vereinbart werden, wenn der Auftraggeber im Einzelfall bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. „Verständige Betrachtung“ meint dabei, dass die erfolgsbasierte Vergütung aus Sicht des beauftragenden Unternehmens wirtschaftlich sinnvoll erscheinen muss. „Für den Einzelfall vereinbart“ bedeutet weiter lediglich für einzelne Rechtsangelegenheiten und nur mit einzelnen Mandanten. Der Anwalt muss also für jeden einzelne Mandanten und jedes einzelne Mandat individuell prüfen, ob die Voraussetzungen für ein ausnahmsweise zulässiges Erfolgshonorar vorliegen.

§ 4a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 RVG ist bei einer anwaltlichen Tätigkeit in Bezug auf die Prüfung, Beratung und Verteidigung gegen rechtswidrige Bewertungen über Internetplattformen vorliegend nicht einschlägig. So sollte mit dem Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt der ausufernde Inkassobegriff eingegrenzt werden und bezieht sich nunmehr ausdrücklich auf die in § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) genannten Verfahren. Hierzu gehören aber nicht die Prüfung, Beratung und Verteidigung gegen rechtswidrige Bewertungen über Internetplattformen.

§ 4a Abs. 1 Nr. 3 RVG entspricht weitgehend der alten Fassung des § 4a Abs. 1 S. 1 RVG (a.F.). Lediglich das Merkmal „aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse“ wurde gänzlich gestrichen. Die von § 4a Abs. 1 Nr. 3 RVG geforderte „verständige Betrachtung“ erstreckt sich somit nunmehr nicht nur auf die wirtschaftlichen Verhältnisse, sondern geht auch darüber hinaus.

Ab dem 01.10.2021 sind gemäß § 4a RVG n.F. Erfolgshonorare für die Anwaltschaft somit lediglich in drei Konstellationen möglich, wie das Handout der RAK Berlin „Erfolgshonorar – Rechtslage ab 1. Oktober 2021“ veranschaulicht:

Konstellation 1: bei außergerichtlichen oder gerichtlichen Mandaten, die pfändbare Geldforderungen bis zu 2000 Euro betreffen (§ 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVG n.F.);

Konstellation 2: unabhängig vom Gegenstandswert nur bei außergerichtlichen Inkassodienstleistungen für pfändbare Forderungen oder im gerichtlichen Mahn- und Zwangsvollstreckungsverfahren (§ 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RVG n.F.);

Konstellation 3: außerdem kann ein Erfolgshonorar unabhängig vom Gegenstandswert weiterhin vereinbart werden, wenn Mandantinnen oder Mandanten ansonsten von der Rechtsverfolgung abgehalten würden (§ 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVG n.F.).

In den Konstellationen 1 und 3 ist ein Verzicht bzw. eine Reduzierung der gesetzlichen Vergütung (sog. „no win no fee“ oder „no win less fee“-Vereinbarung) zudem nur möglich, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird (§ 4a Abs. 2 RVG n.F.).

Das LG Köln (Az.: 31 O 203/22) hat daher einer Rechtsanwaltsgesellschaft derartige Werbung mit Erfolgshonoraren per Urteil untersagt:

„[…] Das Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars gemäß § 49b Abs. 2 BRAO ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG. Die Vorschrift hat auch den Schutz der Rechtsuchenden vor einer Übervorteilung durch überhöhte Vergütungssätze zum Ziel (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 – I ZR 67/18 –, Rn. 29 ff.).

3. Mit den streitgegenständlichen Google-Anzeigen verstieß die Beklagte gegen die Marktverhaltensregelung aus § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO. Danach sind Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält (Erfolgshonorar), unzulässig, soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts anderes bestimmt. Gemäß § 4a Abs. 1 S. 1 RVG darf ein Erfolgshonorar ausnahmsweise vereinbart werden, wenn sich der Auftrag auf eine Geldforderung von höchstens 2.000 Euro bezieht, eine Inkassodienstleistung außergerichtlich oder in einem der in § 79 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 der Zivilprozessordnung genannten Verfahren erbracht wird oder der Auftraggeber im Einzelfall bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten werden würde. Zusätzlich muss nach § 4a Abs. 2 RVG in den Fällen von § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3 RVG für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart werden. Dabei verstößt bereits das Werben mit der Möglichkeit des Abschlusses eines Erfolgshonorars gegen § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO i.V.m. § 4a RVG, sofern nicht ein eindeutiger Hinweis auf die Voraussetzungen des § 4a RVG im Rahmen der Werbung erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 – I ZR 67/18 –, Rn. 34; Winkler/Teubel in Mayer/Kroiß, 8. Aufl. 2021, RVG § 4a Rn. 24; BeckOK RVG/v. Seltmann, 60. Ed. 1.12.2021, RVG § 4a Rn. 9).

a. Bei den streitgegenständlichen Werbungen handelt es sich um ein Werben der Beklagten generell dazu bereit zu sein, auf Erfolgshonorarbasis tätig zu werden. Dies ergibt sich aus den Formulierungen „Zahlung nur bei Löschung“ und „Bezahlung nur bei erfolgreicher Löschung“ in den Google-Anzeigen. Der durchschnittliche Adressatenkreis, bei dem es sich vorliegend um Betroffene von Google-Bewertungen handelt, versteht die Aussagen im Gesamtzusammenhang mit den geschalteten Werbeanzeigen dahingehend, dass nach Beauftragung der Beklagten mit der Löschung einer oder mehrerer Google-Bewertungen der mit 129,00 Euro aufgeführte Preis nur dann anfällt, wenn die Google-Bewertung auch tatsächlich erfolgreich gelöscht wird. Diese Annahme ändert sich auch nicht, wenn man die Formulierungen im Zusammenhang mit den Zusätzen „ab“, „Mehr“ und „Jetzt Anfragen!“ liest. Der durchschnittliche Adressat wird den „ab-Zusatz“ so verstehen, dass die erfolgreiche Löschung einer einzelnen Google-Bewertung 129,00 Euro kostet. Dies ergibt sich insbesondere aus der vorangestellten Formulierung „1-9 Bewertungen“. Das „Mehr“ am Ende der Zeile veranlasst den Adressaten auch nicht dazu sein Verständnis dahingehend zu ändern, dass die vorstehende Aussage „Zahlung nur bei Löschung“ nicht zutrifft oder davon abgerückt werden soll. Der Adressat wird nur dazu angeregt durch Betätigung der Schaltfläche „Mehr“ zusätzliche Informationen zu dem Angebot zu erhalten. Der Zusatz in der zweiten Google-Anzeige „Jetzt Anfragen!“ ist ähnlich zu verstehen. Er lässt nicht auf eine Einschränkung des davorstehenden Satzes „Bezahlung nur bei erfolgreicher Löschung“ schließen.

b. Das Werben mit der Vergütung durch Erfolgshonorare war auch nicht ausnahmsweise gemäß § 4a Abs. 1 und 2 RVG zulässig. Die Fallgruppen von § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder 2 RVG sind nicht einschlägig. Weder handelt es sich um einen Auftrag, der sich auf eine Geldforderung von höchstens 2.000 Euro bezieht, noch um eine Inkassodienstleistung, welche außergerichtlich oder in einem der in § 79 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 der Zivilprozessordnung genannten Verfahren erbracht wird. Ebenfalls beinhalteten die streitgegenständlichen Werbungen weder einen Hinweis auf eine jeweilige Betrachtung des Einzelfalls für jegliche Vereinbarung von Erfolgshonoraren nach § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 RVG noch findet sich ein Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung bei erfolgreicher Löschung nach § 4a Abs. 2 RVG in den Werbungen wieder.

Die streitgegenständlichen Werbungen der Beklagten erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 RVG. Da das Gesetz die Ausnahme nur für den Einzelfall vorsieht, darf nicht schematisch vorgegangen werden. Bei jedem einzelnen Mandat, das sich grundsätzlich für die Vereinbarung eines Erfolgshonorars eignet, ist eine „verständige Betrachtung“ des Einzelfalls vorzunehmen und das eventuelle finanzielle Risiko und dessen Auswirkung auf den Auftraggeber zu berücksichtigen (BeckOK RVG/v. Seltmann, 60. Ed. 1.12.2021, RVG § 4a Rn. 9). Der Rechtsanwalt darf also nicht pauschal für alle ihm angetragenen Mandate ein Erfolgshonorar vereinbaren bzw. auch nicht alle Mandanten von vornherein als potenzielle Auftraggeber des Erfolgshonorars ansehen (vgl. Winkler/Teubel in Mayer/Kroiß, 8. Aufl. 2021, RVG § 4a Rn. 23 f.). Die Beklagte hat keine Differenzierung in ihren geschalteten Werbungen vorgenommen. Sie behalten insbesondere keinen Hinweis darauf, dass die Beklagte nur im Einzelfall unter den Voraussetzungen des § 4a RVG zur Vereinbarung eines Erfolgshonorars bereit ist. Ein solcher Hinweis ergibt sich auch nicht konkludent aus einer zusammenhängenden Betrachtung der Werbungen. Insoweit kann auf die Ausführungen unter II.3.a. verwiesen werden.“