Ein-Stern-Bewertung ohne Begründung ist unzulässig
Eine begründungslose Ein-Stern-Bewertung stellt eine Rechtsverletzung gegenüber dem Bewerteten dar, sofern nicht nachvollziehbar ist, weshalb es zu der negativen Bewertung gekommen ist. Den Host-Provider treffen in diesem Fall Nachprüfungspflichten gegenüber dem Bewerter, sobald dieser Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt.
Diese Kenntnis ist spätestens mit der Klage gegeben. Im zugrundeliegenden Fall war der Suchmaschinenanbieterin Google nachlässig mit dieser Verpflichtung umgegangen, weshalb die Bewertung, deren Berechtigung nicht erweislich war, gelöscht werden musste. Google haftete als mittelbare Störerin.
Das Wichtigste in Kürze:
- Unzulässigkeit von unbegründeten 1-Stern-Bewertungen: Eine 1-Stern-Bewertung ohne Begründung gilt als unzulässig, da sie keine nachvollziehbaren Gründe für die schlechte Bewertung liefert und somit das Unternehmen unrechtmäßig schädigen kann.
- Rechtliche Schritte bei unbegründeten Bewertungen: Unternehmen können gegen solche Bewertungen vorgehen und deren Löschung beantragen, da sie die Meinungsfreiheit überschreiten, wenn sie keine Tatsachenbehauptungen oder Kritik enthalten.
- Google-Mechanismen zum Schutz: Google bietet die Möglichkeit, unbegründete oder missbräuchliche Bewertungen zu melden, und prüft diese, um Missbrauch zu verhindern und die Fairness der Bewertungen zu gewährleisten.
Hintergrund
Beklagte ist die Suchmaschinenanbieterin Google, die über den Dienst „Google Plus“ die Möglichkeit anbietet, Bewertungen über Unternehmen zu verfassen. Bei der Veröffentlichung nimmt Google keine Vorab- oder sonstige redaktionelle Kontrolle der durch die Nutzer eingestellten Bewertungen vor. Geklagt hat ein Gastronomiebetrieb mit einer Durchschnittsbewertung von 4,0 von 5 Sternen. Ein Nutzer bewertete den Betrieb mit einem Stern, ohne eine weitere Begründung für diese Bewertung zu hinterlassen. Da er die Person, welche diese Bewertung abgegeben hatte, nicht kannte, forderte er Google zur Löschung der Bewertung auf. Er trug vor, dass er seine Buchhaltung geprüft habe und hiernach feststellen müsse, dass die bewertende Person nicht vermerkt sei. Auch sein Personal kenne diese Person nicht. Durch diese Bewertung und ihre Verbreitung sehe sich der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Weil Google untätig geblieben ist, erhob er Klage und forderte die Löschung dieser Bewertung.
Begründungslose Bewertung muss nachvollziehbar sein
Das LG Hamburg hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Antragstellers gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG bejaht. Bei der Ein-Stern-Bewertung handele es sich zwar um eine Meinungsäußerung, die grundsätzlich zulässig sei. Im vorliegenden Fall sei die Erklärung jedoch unzulässig, da nicht nachgewiesen werden könne, dass es sachliche Anknüpfungspunkte für die vorgenommene Bewertung gebe. Der Kläger habe darlegen können, dass ihm der Dritte nicht bekannt und dementsprechend auch kein Gast seines Hauses gewesen sei. Somit hätte es Google oblegen, nachzuprüfen, inwieweit die Beurteilung zulässig war. Indem dies unterlassen wurde, sei davon auszugehen, dass die Ein-Stern-Bewertung ohne jeden sachlichen Kontext erfolgt sei.
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Wann hat der Host-Provider eine Prüfpflicht?
Da die Beklagte die in Rede stehende Bewertung weder selbst verfasst, noch sich zu eigen gemacht habe, hafte sie zwar nicht als unmittelbare Störerin bzw. Täterin. Als Host-provider habe sie jedoch die technischen Möglichkeiten des Internetdienstes zur Verfügung gestellt und könne damit als Störerin in Anspruch genommen werden. Google sei zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies gelte jedoch nur, solange keine Kenntnis von der Rechtsverletzung vorliege. Diese Kenntnis war spätestens nach Zustellung der Klageschrift gegeben, sodass die Verpflichtung bestand, den Sachverhalt weiter zu ermitteln. Dies wäre Google nach Ansicht des Landgerichts problemlos möglich und zumutbar gewesen. Die negative Bewertung stufte das LG Hamburg als Meinungsäußerung ein, da sie auf einer persönlichen Wertung des Bewertenden beruht. Das Recht auf Meinungsfreiheit musste hinter dem Persönlichkeitsrecht des Klägers allerdings zurücktreten, da keine hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte für die Negativbewertung vorgelegen haben. Insofern war diese als unzulässig zu qualifizieren und folglich zu löschen.
Fazit
Es sind bereits zahlreich Urteile hinsichtlich Ein-Stern-Bewertungen ergangen, bei denen sich die Meinungsfreiheit des Bewertenden durchgesetzt hat. Hier liegt aber die Besonderheit vor, dass eine Begründung der Bewertung gänzlich ausgeblieben ist und auch nicht nachgeprüft wurde, ob der Bewertende einen Anlass für die negative Bewertung hatte, etwa einen auf negativen Erfahrungen beruhenden geschäftlichen Kontakt zu dem Kläger. Die Rechtsprechung zeigt, dass in diesem Bereich ein schmaler Grat zwischen zulässiger Meinungsäußerung und unzulässiger Schmähkritik besteht. So hat das Oberlandesgericht Nürnberg eine Ein-Stern-Bewertung mit der Begründung „Oje.Naja.“ noch als zulässige Meinungsäußerung qualifiziert (Beschluss vom 17.07.2019, Az. 3 W 1470/19). Die Entscheidungen zeigen, dass es insbesondere darauf ankommt, dass die Negativbewertung nachvollziehbar ist. Diese Prüfungspflicht obliegt den Host-Providern, welche oft nachlässig mit dieser Verantwortung umgehen.
Landgericht Hamburg, Urteil vom 12.01.2018, Az. 324 O 63/17