Die Beanstandung von Internet- Bewertungen ist eine Rechtsdienstleistung

Die entgeltliche Beanstandung von Kundenbewertungen im Internet stellt eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung dar. Ist das Unternehmen nicht zur Erbringung solcher Rechtsdienstleistungen berechtigt, handelt es sich um eine wettbewerbswidrige Handlung. Die Feststellung, ob eine rechtsverletzende Bewertung vorliegt, bedarf regelmäßig einer Einzelfallprüfung und einer vertieften juristischen Prüfung, gleiches gilt für die Ausarbeitung eines an den Plattformbetreiber gerichteten Beanstandungsschreibens. Bereits die bloße Auswahl der Beanstandungstexte ist als Rechtsdienstleistung zu qualifizieren. Dies hat das Oberlandesgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 23.11.2023 klargestellt.

Rechtsdienstleistung

Das Wichtigste in Kürze:

Erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung: Die Beanstandung von Online-Bewertungen stellt laut dem Oberlandesgericht Hamburg eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung dar und erfordert juristische Expertise.

Einzelfallprüfung notwendig: Eine rechtliche Einzelfallprüfung ist unverzichtbar, da jede Bewertung individuell bewertet und juristisch geprüft werden muss.

Verstöße als Wettbewerbsvergehen: Unternehmen ohne Anwaltszulassung, die Bewertungen beanstanden, handeln wettbewerbswidrig und riskieren rechtliche Konsequenzen.

Hintergrund

Der Beklagte beanstandete nach seinem Geschäftsmodell Bewertungen, die seinen Kunden ein Dorn im Auge waren. Hierbei handelte es sich um negative Bewertungen auf Bewertungsplattformen. Er meldete sich bei den jeweiligen Portalbetreibern mit der Behauptung, ein Geschäftskontakt zwischen seinem Kunden und dem Bewertenden existiere nicht. In Standardschreiben, in denen er auf verschiedene Gerichtsurteile verwies, fordert er die Bewertungsplattformen auf, die Bewertungen zu prüfen und bei ausbleibender Rückmeldung des Bewertenden zu löschen. Hierbei kündigte er unter Fristsetzung auch Konsequenzen an. Zu einer Vergütung sollte es stets bei erfolgreicher Löschung kommen.

Ein konkurrierender Anwalt monierte diese Beanstandungspraxis des Beklagten. Da der Beklagte keine Anwaltszulassung oder Erlaubnis habe, es sich aber um eine Rechtsdienstleistung handele, welche im konkreten Fall eine Anwaltszulassung erfordere, sei diese Praxis unlauter. Er wandte sich an die Gerichte, um dem Beklagten die Beanstandungen unter Verwendung der Standardschreiben per einstweiliger Verfügung verbieten zu lassen.

Rechtsdienstleistung bei Erfordernis einer Einzelfallprüfung

Nach § 2 Abs. 1 RDG ist eine Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Das Oberlandesgericht war der Auffassung, das angebotene Vorgehen des Beklagten zur Löschung negativer Bewertungen setze schon grundsätzlich eine Einzelfallprüfung voraus. So erfordere nicht nur die Feststellung einer rechtsverletzenden Bewertung in der Regel eine vertieften juristische Prüfung, sondern auch die Ausarbeitung eines Beanstandungsschreibens. Bereits die Bestimmung und Auswahl geeigneter Methoden, um eine Löschung zu bewirken, erfordere eine Einzelfallprüfung. Demnach erbringe der Beklagte mit seinen Beanstandungen auch Rechtsdienstleistungen.

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Bereits die Auswahl der Beanstandungstexte ist eine Rechtsdienstleistung

Insbesondere das Verwenden der vorgefertigten Beanstandungstexte gab dem Oberlandesgericht zusätzlich Anlass dazu, dass der Beklagte eine Rechtsdienstleistung erbringt. Denn diese wurden auf den spezifischen Fall bezogen auserwählt. Demnach konnte der Einwand des Klägers, er beanstande standardmäßig und ohne Rücksprache sowie ohne jede Prüfung einen Geschäftskontakt zwischen dem Bewertenden und dem bewerteten Unternehmen, nicht gehört werden. Denn bezogen auf den konkreten Einzelfall stelle der Kläger näher bestimmte rechtliche Forderungen. Bereits deshalb scheide eine schematische bloße Rechtsanwendung aus, denn hierfür sei eine tiefere Einarbeitung in das Rechtsgebiet notwendig, so das Oberlandesgericht. Schließlich müsse auch bei Kenntnis des Rechts stets der konkrete Fall geprüft werden.

Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 23.11.2023, Az. 5 U 25/23