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Auch positive Bewertungen können gelöscht werden

Oberlandesgericht München, Az.: 29 U 2584/19

Der Fall des Zahnarztes, der auf der Bewertungsplattform Jameda 60 positive Bewertungen mit einer hervorragenden Gesamtnote von „1,5“ in seinem „Premiumprofil“ hatte, nahm eine unerwartete Wendung, nachdem er seine Premium-Mitgliedschaft bei Jameda kündigte. Zu seinem Entsetzen bemerkte er, dass Jameda kurz darauf 10 der positiven Bewertungen aus seinem Profil gelöscht hatte, obwohl einige dieser Bewertungen bereits seit etwa 2 Jahren auf der Plattform vorhanden waren. Der Zahnarzt war der Ansicht, dass die Löschung willkürlich und ohne sachlichen Grund erfolgte, quasi als „Rache“ für die Kündigung seiner Premium-Mitgliedschaft. Er fühlte sich in seinen Rechten verletzt und verlangte von Jameda die Wiederherstellung der gelöschten Bewertungen.

Auch positive Bewertungen können gelöscht werden

Jameda verteidigte sich, indem es erklärte, dass lediglich die üblichen Instrumente zur Qualitätssicherung auf die Bewertungen angewendet worden seien. Diese Instrumente hätten berechtigte Zweifel an der Authentizität der gelöschten Bewertungen ergeben, und weitere Überprüfungen hätten diese Zweifel nicht ausräumen können. Jameda betonte, dass die zeitliche Nähe zur Kündigung der Premium-Mitgliedschaft ein Zufall sei und die Überprüfung der Bewertungen des Zahnarztes bereits vor seiner Kündigung begonnen habe. Jameda gab eine allgemeine Beschreibung dieser Maßnahmen, verweigerte jedoch eine detaillierte Darstellung, da sie als Geschäftsgeheimnisse geschützt seien.

Nachdem der Zahnarzt bereits in erster Instanz vor dem Landgericht unterlegen war, entschied auch das Oberlandesgericht zugunsten von Jameda.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München basierte im Wesentlichen auf folgenden Überlegungen:

  • Die Löschung der positiven Bewertungen stellt grundsätzlich einen Eingriff in den „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ dar.
  • Allerdings war dieser Eingriff nicht rechtswidrig. Das ergibt sich aus einer Abwägung der beteiligten Güter und Interessen.
  • Es ist maßgeblich, dass die Bewertungsplattform von Jameda eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt: die Förderung der Transparenz im Gesundheitswesen und des fairen Wettbewerbs zwischen Ärzten.
  • Diese Funktion kann Jameda nur effektiv ausüben, wenn sichergestellt wird, dass die Bewertungen auf der Plattform authentisch und nicht gefälscht sind.
  • Jameda hat überzeugend dargelegt, dass die Entscheidung zur Löschung der Bewertungen nicht willkürlich war. Der Zahnarzt konnte keinen Gegenbeweis erbringen.
  • Jameda ist nicht verpflichtet, die genaue Funktionsweise der zur Qualitätssicherung eingesetzten Maßnahmen im Detail offenzulegen, da diese Instrumente als Geschäftsgeheimnisse geschützt sind. Ihre Offenlegung würde die Funktionsweise der Plattform gefährden.

Fazit:

Genau wie „Fake-Bewertungen“ ein Ärgernis für die Bewerteten darstellen, sind gefälschte positive Bewertungen ein Problem für die Bewertungsportale. Daher haben Bewertungsportale Mechanismen entwickelt, um die Echtheit von Bewertungen zu überprüfen. Die Bewertungsportale sind jedoch nicht verpflichtet, die genaue Funktionsweise dieser Prüfmechanismen öffentlich preiszugeben.

Kritiker könnten argumentieren, dass diese Rechtsprechung die Bewerteten der Willkür der Bewertungsportale aussetzt. Dies ist jedoch nicht vollständig von der Hand zu weisen. Aufgrund der Anonymität von Bewertungen wird es Ärzten in der Regel unmöglich sein, zu beweisen, dass ihre positiven Bewertungen auf realen Erfahrungen beruhen. Dennoch ist jeder Fall individuell zu bewerten, und ein Arzt kann sich erfolgreich gegen die Löschung von positiven Bewertungen verteidigen, wenn er überzeugende Beweise für ihre Echtheit vorlegen kann.

Oberlandesgericht München, Az.: 29 U 2584/19